Umkleidezeit ist Arbeitszeit?

Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit Urteil vom 11.11.2015, Aktenzeichen 10 AZR 719/14 nochmals eingehend mit der Frage beschäftigt, wann Umkleidezeit als Arbeitszeit gilt.

In dem vorgenannten Rechtsstreit ging es zwar um die Beteiligungsrechte des Betriebsrates im Hinblick auf die Mitbestimmung bei der Arbeitszeit.

In der Entscheidung selbst fasst das Bundesarbeitsgericht aber noch einmal die Voraussetzungen zusammen, unter denen eine Umkleidezeit als Arbeitszeit anzurechnen ist.

Das Bundesarbeitsgericht führt hierzu aus, dass nach der Senatsrechtsprechung (Anmerkung: des Bundesarbeitsgerichts) Umkleidezeiten zur vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung gehören, wenn das Umkleiden einem fremden Bedürfnis dient und nicht zugleich ein eigenes Bedürfnis erfüllt. Dies ist bei einer besonders auffälligen Dienstkleidung der Fall. An der Offenlegung seines Arbeitgebers gegenüber Dritten hat der Arbeitnehmer außerhalb seiner Arbeitszeit kein objektiv feststellbares eigenes Interesse.

Das Ankleiden mit vorgeschriebener Dienstkleidung ist nicht lediglich fremdnützig (Anmerkung: zugunsten des Arbeitgebers) und damit nicht Arbeitszeit, wenn sie zu Hause angelegt und – ohne besonders auffällig zu sein – auf dem Weg zur Arbeitsstätte getragen werden kann.

An der ausschließlichen Fremdnützigkeit fehlt es auch, wenn es dem Arbeitnehmer gestattet ist, eine an sich besonders auffällige Dienstkleidung außerhalb der Arbeitszeit zu tragen und er sich entscheidet, diese nicht im Betrieb an- und abzulegen.

Maßgeblich ist hier, ob sich der Arbeitnehmer entscheidet, die auffällige Dienstkleidung bereits zu Hause anzuziehen, wenn es dem Arbeitnehmer seitens des Arbeitgebers gestattet ist.

Hieraus folgt, entscheidet sich der Arbeitnehmer, diese nicht bereits zu Hause anzulegen, sondern erst im Betrieb, dann zählt die Umkleidezeit wiederum als Arbeitszeit, obwohl es dem Arbeitnehmer gestattet ist, diese auch zu Hause anzulegen.

Das Bundesarbeitsgericht führt in der oben angeführten Entscheidung weiter aus, dass zur Arbeitszeit auch das Zurücklegen des Weges von der Umkleide zur Arbeitsstelle zählt. Bei diesen Zeiten handelt es sich um innerbetriebliche Wegezeiten, die der Arbeitnehmer aufgrund der Anordnung des Arbeitgebers über das Anlegen einer besonders auffälligen Dienstkleidung zurücklegen muss.

Bei der Beurteilung, so das Bundesarbeitsgericht, ob eine Dienstkleidung als besonders auffällig anzusehen ist, steht dem Gericht ein Beurteilungsspielraum zu.

Um eine besonders auffällige Dienstkleidung handelt es sich dann, wenn die Arbeitnehmer im öffentlichen Raum aufgrund der Ausgestaltung ihrer Kleidungsstücke als Angehörige ihres Arbeitgebers ohne weiteres erkannt werden können. Hierfür sei ohne Bedeutung, ob die Dienstkleidung in dezenten oder auffälligen Farben gehalten ist. Die Möglichkeit einer Zuordnung zu einem bestimmten Arbeitgeber besteht auch bei einer unauffälligen Farbgestaltung der Dienstkleidung, wenn auf dieser ein Emblem oder Schriftzüge angebracht sind, die aufgrund ihrer Bekanntheit in der Öffentlichkeit mit einem bestimmten Rechtsträger oder einer Unternehmensgruppe in Verbindung gebracht werden. Hierfür kommt es – unabhängig von der Größe der Schriftzüge oder Logos – nur auf deren Erkennbarkeit an.

Liegen die oben genannten Voraussetzungen vor, so sind die Umkleidezeiten als Arbeitszeiten zu berücksichtigen.

Herbert Winter
Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht
Kamenz - Bautzen

Zurück