Haftungsrisiko von Pferdepensionsbetrieben
von ebert
OLG Frankfurt 15.Zivilsenat vom 14.09.2017 (Az 15 U21/16) zur rechtlichen Einordnung eines "Pferdeeinstellvertrages“ (§§ 688 ,280 BGB ) .
In einem Pferdepensionsbetrieb wurde morgens ein Pferd in einer Box unter anderem verletzt mit einer Oberarmfisur, Ellenbogenfraktur und Lockerung des Fesselträgerursprungs aufgefunden. Die Verletzungsursache war letztlich nicht aufzuklären. Die Besitzer des Pferdes verklagten den Betreiber der Pferdepension mit Erfolg auf Schadensersatz .
Interessant ist die Begründung des OLG
…......Unstreitig war das Pferd aufgrund einer mit "Pferdeeinstellvertrag" überschriebenen schriftlichen Vereinbarung der Parteien vom 27.4.2013 beim Beklagten, der eine Pferdepension betreibt, seit dem 25.4.2013 untergestellt.Insoweit ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem zwischen den Parteien begründeten Schuldverhältnis um einen entgeltlichen Verwahrungsvertrag im Sinne von § 688 BGB gehandelt hat.Denn der Beklagte schuldete nach § 2 der Vereinbarung vom 27.4.2013 nicht nur die Unterbringung des Pferdes in seinen Stallungen, sondern auch dessen Fütterung und Obhut. Nach der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ist ein dahingehendes Vertragsverhältnis als entgeltlicher Verwahrungsvertrag im Sinne von § 688 BGB einzuordnen (vgl. hierzu allg.: OLG Oldenburg MDR 2011, S. 473 m. w. Nachw.; OLG Schleswig OLGR Schleswig 2000, S. 248; BGH Urteil vom 5.10.2016 -XII ZR 50/14 - unter II. 2. a. der Gründe m. w. Nachw.).
Letztlich kann das dahingestellt bleiben. Selbst wenn man das zwischen den Parteien begründete Vertragsverhältnis als typengemischten Vertrag (Miet-/Verwahrungsvertrag) einordnet, hatte der Beklagte im Rahmen der ihm aufgrund des zwischen den Parteien begründeten Vertragsverhältnisses obliegenden Fürsorge- und Obhutspflichten sicherzustellen und dafür Sorge zu tragen, dass sich das bei ihm untergestellte Pferd nicht verletzte bzw. von ihm in ordnungsgemäßem Zustand wieder an die Kläger herausgegeben werden konnte (vgl. zu den Pflichten des Verwahrers allg.: OLG Oldenburg, a.a.O., OLG Schleswig, a.a.O.; BGH a.a.O. unter II. 2. b. der Gründe; BGH MDR 2017, S. 334 unter II.2. a. der Gründe).
Im Hinblick darauf, dass sich das Pferd der Kläger in der Zeit zwischen dem 27.4.2013 abends und dem 28.4.2013 morgens in den Stallungen bzw. auf dem Gelände des Beklagten schwere Verletzungen zugezogen hat, nämlich eine frontale Oberarmfisur und Ellenbogenfraktur nebst Schwellungen des Fesselträgerursprungs der Schulter und einer Auflockerung des Fesselträgerursprungs, ist von einer von ihm gemäß § 280 Abs. 1Satz 2 BGB zu vertretenden und den Schaden verursachenden Pflichtverletzung auszugehen.Das ist entgegen der vom Landgericht im angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung auch unter Berücksichtigung des Umstandes anzunehmen, dass nach dem Vorbringen der Parteien und nach der vom Landgericht im ersten Rechtszug durchgeführten Beweisaufnahme ungeklärt geblieben ist, wie sich das Pferd der Kläger die Verletzungen zugezogen hat, d.h., was schadensursächlich war.
Das OLG weist darauf hin, daß zwar grundsätzlich der Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs wegen einer Vertragspflichtverletzung darzulegen und zu beweisen hat, dass der Schuldner eine ihm aus dem Schuldverhältnis obliegende Pflicht verletzt hat und diese für den entstandenen Schaden ursächlich war (BGH NJW 2009, S. 142 unter II. der Gründe; BGH MDR 2017,S. 334 unter II. 1. d. der Gründe). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der sich der OLG Senat anschließt,hat sich der Schuldner über den Wortlaut des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB - der eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Vertretenmüssen der Pflichtverletzung bestimmt – hinaus sich nicht nur hinsichtlich seines Verschuldens zu entlasten, sondern muss auch darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass ihn keine Pflichtverletzung trifft, wenn die für den Schaden in Betracht kommenden Ursachen allein in seinem Gefahrenbereich liegen. (BGH Urteil vom 5.10.2016 - VII ZR 50/14 - unter II. 2. b. der Gründe; BGH MDR 2017,S. 334 , unter II. 1. d. der Gründe m. w. Nachw.). Diese Grundsätze gelten auch für Pferdepensions-/und Betreuungsverträge (BGH, a.a.O.; OLG Schleswig OLGR Schleswig 2000,S. 248; OLG Oldenburg MDR 2011, S. 473 ).
Da sich das Pferd der Kläger die Verletzungen zugezogen hat, während es sich, wie ausgeführt, in der alleinigen Obhut und im alleinigen Verantwortungs- und Gefahrenbereich des Beklagten befand, hätte es demgemäß ihm oblegen, den entsprechenden Entlastungsbeweis zu führen. Das ist ihm indes nicht gelungen.Der Entlastungsbeweis ist nämlich regelmäßig nur dann erbracht, wenn der Verwahrer die Ursache der Beschädigung der ihm in Verwahrung gegebenen Sache nachweist und dartut, dass er diese nicht zu vertreten hat oder wenn er die Ursachen wahrscheinlichmacht und beweist, dass er hierfür nicht einzustehen hat (OLG Oldenburg, a.a.O., m. w.Nachw.).
Nach dem Ergebnis der vom Landgericht im ersten Rechtszug und vom Senat im vorliegenden Berufungsverfahren ergänzende durchgeführte Beweisaufnahme lässt sich jedoch nicht feststellen und ist demgemäß offengeblieben, wie sich das Pferd der Kläger die Verletzungen zugezogen hat bzw. worauf diese zurückzuführen sind. (….) Ebenso wenig konnten die Zeuginnen konkrete Angaben zu möglichen bzw. in Frage kommenden Ursachen für die Verletzungen des Pferdes machen. Insbesondere ist der Zeugin F beim Herausführen des Pferdes von der Box auf den Paddock nichts Ungewöhnliches aufgefallen, wobei sich nach ihrer Aussage auch die Box, in der das Pferd vom 27.auf den 28.4.2013 gestanden hat, in einem unauffälligen Zustand befand.Auch der Sachverständige G konnte ausweislich seines im ersten Rechtszug erstatteten schriftlichen Sachverständigengutachtens vom 14.9.2015 keine konkreten Feststellungen zur Ursache der beim Pferd der Kläger aufgetretenen Verletzungen machen. Nach seinen Ausführungen lassen die festgestellte Verletzungsmuster nicht nur, d.h. zwingend, den Schluss zu, dass sich das Pferd die Verletzungen aufgrund eines massiven Sturzes in der Boxengasse, an der Boxenwand oder durch einen Unfall auf dem Paddock zugezogen hat, sondern gleichermaßen kommt ein Unfall beim sogenannten "Festlegen"des Pferdes, also eine allein auf die dem Pferd innewohnende Tiergefahr zurückzuführende Verletzung in Betracht und kann nicht ausgeschlossen werden.Es lässt sich mithin aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen nicht feststellen,ob die Verletzung des Pferdes auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten zurückzuführen ist oder Folge der dem Pferd innewohnenden Tiergefahr.
Der Beklagte hat damit weder nachgewiesen, worauf die Verletzungen des Pferdes zurückzuführen sind, noch hat er auch den Nachweis geführt, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
Infolge der Pflichtverletzung des Beklagten ist den Klägern auch der mit der vorliegenden Klage geltend gemachte Schaden entstanden..........